In:
PPmP - Psychotherapie · Psychosomatik · Medizinische Psychologie, Georg Thieme Verlag KG, Vol. 73, No. 08 ( 2023-08), p. 328-336
Abstract:
Hintergrund Untersuchungen zur Stigmatisierung von Krebspatienten zeigen
eine moderate bzw. hohe Relevanz wahrgenommener Stigmatisierung. Bislang gibt es keine Studien, in denen Stigmatisierung explizit in Abhängigkeit von der
onkologischen Therapie betrachtet wird. Wir untersuchten in einer großen Stichprobe die Rolle der onkologischen Therapie für die wahrgenommene
Stigmatisierung. Methoden Im Rahmen einer registerbasierten bizentrischen Studie wurden
quantitative Daten von 770 Patienten (47,4% Frauen; 88%≥50 Jahre) mit Brust-, Darm-, Lungen- oder Prostatakrebs
ausgewertet. Die Stigmatisierung wurde mit der deutschen Version der Social Impact Scale erhoben, das validierte Instrument umfasst neben einem Gesamtscore
vier Subskalen. Die Daten wurden mit dem t-Test sowie einer multiplen Regression mit verschiedenen soziodemografischen und medizinischen Prädiktoren
analysiert. Ergebnisse Von den 770 Krebspatienten erhielten 367 (47,7%) eine
Chemotherapie, ggf. in Kombination mit anderen Therapien (Operation, Strahlentherapie). Bei allen Stigmatisierungsskalen zeigten sich signifikante
Mittelwertunterschiede (Effektstärken bis d=0,49) mit höheren Werten für Patienten mit Chemotherapie. Die multiplen
Regressionsanalysen für die einzelnen Stigmatisierungsskalen demonstrieren einen über alle fünf Modelle hinweg signifikanten
Einfluss der Variablen Alter (ß≤− 0,266) und Depressivität (ß≤0,627) sowie (bei vier Modellen) der
Variable Chemotherapie (ß≤0,140) auf die wahrgenommene Stigmatisierung. Strahlentherapie weist in allen Modellen nur einen schwachen
Einfluss auf und Operation hat keine Relevanz. Die erklärte Varianz liegt zwischen R2=27% bis 46,5%. Diskussion und Schlussfolgerung Die Befunde unterstützen die
Annahme eines Zusammenhangs der onkologischen Therapie, insbesondere der Chemotherapie, auf die wahrgenommene Stigmatisierung von Krebspatienten.
Wichtige Prädiktoren sind dabei Depressivität und jüngeres Alter ( 〈 50). Diese (vulnerablen)
Personengruppen sollten in der klinischen Praxis daher besondere Aufmerksamkeit bzw. psychoonkologische Zuwendung erfahren. Weitere Forschungen zu Verlauf und
Wirkmechanismen der therapiebezogenen Stigmatisierung sind darüber hinaus notwendig.
Type of Medium:
Online Resource
ISSN:
0937-2032
,
1439-1058
Language:
German
Publisher:
Georg Thieme Verlag KG
Publication Date:
2023
detail.hit.zdb_id:
800571-0
SSG:
2,1
SSG:
5,2
Permalink