Das Sultanat Oman am Ostrand der arabischen Halbinsel stellt in
geowissenschaftlicher Hinsicht unzweifelhaft eine der spektakulärsten
Regionen auf unserem Planeten dar. Das Erscheinen eines umfassenden
englischsprachigen Geländeführers war daher überfällig, ist in hohem
Masse erfreulich und wird die Einzigartigkeit der Geologie in diesem
Land einem noch breiteren Publikum nahebringen.
Neben dem weltberühmten Ophiolithkomplex, ein über 500 km langes und
ca. 100 km breites Fragment ozeanischer Kruste im Norden des Oman,
welches infolge plattentektonischer Prozesse vor rund 95 Millionen
Jahren auf den arabischen Kontinent geschoben wurde, bietet der Oman
weitere einzigartige Einblicke in die Entwicklungsgeschichte unserer
Erde. Mächtige Gebirge, tiefe Schluchten und Wadis sowie weitläufige
Wüstenebenen haben sedimentäre Abfolgen und fossilreiche Lagen zutage
gefördert, und bieten dank der spärlichen Vegetation einzigartige
Aufschlussverhältnisse.
Der Geländeführer gliedert sich in einen hervorragenden und vom Umfang
her dominanten Teil, welcher einzelne Aufschlusspunkte beschreibt und
illustriert, und einen allgemeinen einführenden Teil, der neben der
Geologie des Landes auch kurze Abschnitte zu den Themen Archäologie,
Klima und Vegetation umfasst. Die Beschreibung der einzelnen
geologischen Aufschlusspunkte ist übersichtlich gestaltet und
einheitlich aufgebaut. Die Beschreibung jedes Punktes beginnt mit dem
Namen der Lokalität, einer kurzen, stichpunktartigen Auflistung des
geologischen Sachverhalts, gefolgt von den Koordinaten der Lokalität,
die sowohl im UTM-Format als auch in Längen- und Breitengraden
angegeben sind. Dem folgen eine detaillierte Anfahrtsbeschreibung und
die eigentliche Beschreibung der Geologie. Zu fast jedem
Aufschlusspunkt gibt es eine Skizze zur Lage, sowie Fotos und mitunter
Illustrationen zum geologischen Kontext, was den gesamten Text
auflockert und ansprechend erscheinen lässt. Zur schnellen
Orientierung sind alle Aufschlusspunkte, einschließlich der im Text
abgedruckten Detailkarten, in einer Übersichtskarte im hinteren Teil
des Buches dargestellt. Dies erleichtert das Auffinden der
Lokalitäten, hilft aber insbesondere auch beim Zusammenstellen einer
individuellen Exkursionsroute.
Der allgemeine Teil des Führers beginnt mit einem mehrseitigen
archäologischen Abriss, der die Besiedelung des Oman vom Paläolithikum
bis in die Eisenzeit hinein beschreibt. Das letzte archäologische
Kapitel, die Ausbreitung des Islam im 7. Jahrhundert, kommt etwas
kurz, ebenso fehlt ein kurzer Teil zur jüngeren Geschichte des
Sultanats, die jedoch, wie richtigerweise erwähnt wird, in allen
Reiseführern zu finden ist. Dem archäologischen Teil folgen die
Kapitel zu den klimatischen Verhältnissen im arabischen Raum, dem auch
ein Hinweis zum quartären Klimawandel nicht fehlt, sowie ein
mehrseitiges Kapitel zur Vegetation. Letzteres ist, umfangreich
bebildert, untergliedert in die Vegetationsbereiche Küste, Wüste,
Hajar Gebirge (im Norden des Landes) und Dhofar Gebirge (im
Süden). Diesen kurzen Abschnitten folgt das knapp 70 Seiten umfassende
Kapitel zur allgemeinen Geologie des Oman.
Während die Abschnitte zu den Themen Geomorphologie und
plattentektonische Entwicklung, aber auch die Beschreibung der
wesentlichen tektono-stratigraphischen Einheiten in gewohnter Weise
gut illustriert und beschrieben sind, ist der, wenn auch kurze,
Abschnitt, welcher den Ophiolith und damit den Aufbau und die
Entstehung der ozeanischen Kruste betrifft, eher enttäuschend. Hier
werden mitunter längst überholte Modelle präsentiert, und der
versierte Leser würde an dieser Stelle etwas mehr erwarten dürfen,
denn fast 30 Jahre intensive Forschung auf diesem Gebiet sind in
wesentlichen Teilen unberücksichtigt geblieben. Ein Beispiel sei hier
genannt, es betrifft die Existenz riesiger Magmenkammern unter den
mittelozeanischen Rücken. Eine solche Magmenkammer, als Ort an dem die
ozeanische Kruste gebildet wird, ist auch im Geländeführer grafisch
wiedergegeben, obwohl spätestens seit den 1990er Jahren klar ist, dass
es solche riesigen Magmenkammern rezent nicht gibt und auch in der
jüngeren geologischen Vergangenheit sehr wahrscheinlich nicht
gab. Dies haben zahllose Untersuchungen an Ophiolithen sowie
seismische Untersuchungen an rezenten aktiven Rückensystemen ergeben,
und die Erkenntnisse dieser Studien sind in der einschlägigen
Fachliteratur umfangreich dokumentiert. Insofern ist es bemerkenswert,
dass sie nicht in den Exkursionsführer eingeflossen sind, stattdessen
aber längst überholte Modelle aus der Sekundärliteratur bemüht werden,
die auf die 1980er Jahre zurückgehen. Fachliche Schwächen dieser Art
sind umso ärgerlicher, als die schöne und übersichtliche Darstellung
sicherlich eine breite Leserschaft finden wird. Viel besser gelungen
ist hingegen das Kapitel zum Thema „Snowball Earth“, welches schön und
unter Berücksichtigung der jüngeren Fachliteratur Indizien für eine
mehrfache globale Vereisung unseres Planeten nennt, deren Spuren
ebenfalls in Oman zu bewundern sind. Dasselbe gilt für die Kapitel zu
den Themen mineralische Rohstoffe sowie Öl- und Gaslagerstätten, wobei
das letztere Thema in einen geschichtlichen Kontext gestellt wird, was
seiner Bedeutung für den heutigen Wohlstand des Sultanats Oman
Rechnung trägt.
Insgesamt ist der Geländeführer Oman, wenn man von den genannten
Schwächen im Kapitel über den Aufbau und die Entstehung der
ozeanischen Kruste einmal absieht, ein rundum gelungenes,
übersichtliches und höchst ansprechendes Buch und ein Muss für alle,
welche die Geologie des Oman auf „eigene Faust“ erkunden wollen, seien
es Hobbygeologen oder Fachleute.
Jörg A. Pfänder, Freiberg
Mitteilungen der Pollichia Band 99 (2018), Seite 152-153