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Zur ökologie der hydroidpolypen des nordostseekanals

Laomedea LOVENI Allman, cordylophora caspia (Pallas), perigonimus megas kinne

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Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Ein Jahr hindurch wurde allmonatlich von den Holzpfählen des Nordostseekanals Bewuchs abgekratzt and die dabei erbeuteten Hydroidpolypen unter bestimmten Gesichtspunkten bearbeitet. Ziel der Untersuchung war, Salzgehalts- and Temperatureinfluß auf Verbreitung, Fortpflanzungsgeschehen und Struktur der Kolonien im natürhchen Lebensraum zu studieren. Da der Salzgehalt von Osten nach Westen abnimmt, ist der Nordostseekanal für derartige Untersuchungen vortrefflich geeignet („naturliche Salzgehaltsorge”).

Als Hauptergebnisse möchte ich folgende Punkte herausstellen:

  1. 1.

    Abhüngigkeit der Verbreitung vom Salzgehalt. Laomedea loveni: Etwa 60% bis über 160/00 (Jahresmittel), Siedlungsschwerpunkt über 8%. Cordylophora caspia: 1–10‰, Siedlungsschwerpunkt zwischen 3 und 7%. Perigonimus megas: 1–10/00, Siedlungsschwerpunkt 1–6%

  2. 2.

    Aktivitätswechsel (Wechsel zwischen Aktivitäts- und Menontenphase). L. loveni beginnt die Hydranthen zu reduzieren bei Temperaturen über 19–20°C und unter 2–3°C, das Ausmaß der Rückbildung nimmt zu mit sinkendem Salzgehalt. Bei C. caspia wird die Hydranthenreduktion ausgelöst durch Temperaturen unter 2–40 C; die Menontenphase dauert von Dezember bis März, erst im April (>60 C) beginnen die Köpfchen wieder auszuwachsen. Der im Siedlungsgebiet herrschende Salzgehalt beeinflußt das Reduktionsgeschehen nur wenig. Im August bis Oktober werden viele Kolonien von der Schnecke Embletonia pallida „abgeweidet”. P. megas geht unter 9–12° C in das Menontenstadium über, nur 5–6 Monate (Mai bis Oktober) im Jahr sind die Köpfchen entfaltet. Der Salzgehalt beeinflußt die Hydranthenreduktion wenig.

  3. 3.

    Fortpflanzungszeit. L. loveni: April bis Juli (7–19°), Schwerpunkt Mai und Juni (10–170); unter 7% (Monatsmittel) wurden keine Gonophoren mehr gebildet. C. caspia: Mai bis Anfang Oktober (über 10%), Schwerpunkt Mai und Juni (12–19°); über 20° geht die Gonophorenproduktion zuriiek; ein Einfluß des im Siedlungsgebiet herrschenden Salzgehaltes ließ sich nicht nachweisen. P. megas: Juni bis Mitte September (14–23°), Schwerpunkt Juli/August (19–23°), und zwar bei km 15 (Salzgehaltsmonatsmittel Juni = 3,1%, Juli = 3,3%, August ∼4,6‰).

  4. 4.

    Fortpflanzungsrate. L. loveni: Im Siedlungsschwerpunkt 6,8 Gonophoren je Blastostyl and 2,9 Eier je Gonophor. Fortpflanzungsrate nimmt ab mit sinkendem Salzgehalt; Maximum im Mai (10–15°). Bei C. caspia konnte ein Einfluß des im Siedlungsareal herrschenden Salzgehaltes nicht nachgewiesen werden. Die Mittelwerte für die Gonophorenzahl je Seitenpolyp schwanken zwischen 1,0 and 3,8, für die Eizahl je Gonophor zwischen 2,9 and 13,5; Maximum im Juni (14–190). P. megas: Maximum im Siedlungsschwerpunkt, und zwar im Juli–August bei 19–23°C (12,1 Gonophoren je Seitenpolyp).

  5. 5.

    Strukturelle Variabilität. Mit sinkendem Salzgehalt werden die Hydranthen bei L. loveni und C. caspia kürzer (vermutlich auch bei P. megas), bei C. caspia und P. megas nimmt die Tentakelzahl ab, bei allen 3 Arten steigt die Hydranthenzahl je 2 cm Stiel an. Auf die Stiellänge bezogen werden also mit abnehmendem Salzgehalt mehr, dafür aber kleinere Hydranthen gebildet. Die Köpfchenlänge hängt auch von der Temperatur ab: Die Laomedea-Köpfchen sind am größten zwischen 6 and 10° C, die Cordylophora-Köpfchen zwischen 10 and 18° C.

  6. 6.

    Lebensablauf and Lebensalter. Die Resultate bedürfen in besonderem Maße der Kontrolle und Vertiefung durch weitere Beobachtungen. L. loveni und C. caspia rind vermutlich einjährig, die alte Population geht wahrscheinlich im Herbst and Winter zugrunde.P. megas ist mehrjährig (2–3 Jahre?). L. loveni ist ein euryhalines Meerestier 3. Grades, die untere Salzgehaltsgrenze liegt bei 6% (Jahresmittel). C. caspia und vermutlich auch P. megas rind euryhaline Brackwassertiere. Im Nordostseekanal leben beide Arten im Salzgehaltsbereich 1–10%. In den Siedlungszentren verringert sich der Salzgehalt in der Reihenfolge L. loveniC. caspiaP. megas, in der gleichen Reihenfolge steigt die Temperatur. — Es ist wünschenswert, die freilandökologischen Studien an L. loveni und P. megas durch Laboratoriumsuntersuchungen zu ergänzen.

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Die Untersuchung wurde mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt

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Kinne, O. Zur ökologie der hydroidpolypen des nordostseekanals. Z. Morph. u. Okol. Tiere 45, 217–249 (1956). https://doi.org/10.1007/BF00430254

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