Einleitung

Die Personalisierung von Psychotherapie dient dazu, Behandlungsentscheidungen auf Grundlage individueller Charakteristika der Behandelten zu treffen. In der Literatur werden die Begriffe Personalisierung und Individualisierung zum Teil synonym verwendet (z. B. [6]), die Auswahl der Begrifflichkeit wird derzeit kontrovers diskutiert [24], ohne dass bisher eine allgemein akzeptierte Definition oder Operationalisierung vorliegt. Beide Begriffe stehen dem der somatischen Präzisionsmedizin nahe. Im Folgenden wird der Einheitlichkeit wegen der Begriff der Personalisierung verwendet. Dieser beschreibt eine Behandlung unter Berücksichtigung des individuellen Geno- und Phänotyps und von Umweltbedingungen und Lebensstil [25]. Eine Personalisierung von Behandlung ist dann sinnvoll, wenn Patient:innen einer Diagnosegruppe unterschiedlich gut von einer psychotherapeutischen Behandlung profitieren. Ursachen für die interindividuelle Varianz der Wirksamkeit sind u. a. überdauernde, stabile Eigenschaften, wie z. B. demografische Variablen [33].

Bei der PTBS wurde eine substanzielle Varianzheterogenität der Behandlungseffekte in diagnosespezifischen randomisiert-kontrollierten Psychotherapiestudien (RCT), insbesondere im Vergleich von traumafokussierten Behandlungen und Wartelistenkontrollbedingungen, kürzlich nachgewiesen [2] und verdeutlicht den möglichen Nutzen personalisierter Ansätze. Heterogene Behandlungseffekte werden insbesondere bei der PTBS kontrovers diskutiert. Beispielsweise wird der Einsatz traumakonfrontativer Verfahren in Subgruppen mit bestimmten Merkmalen (z. B. mit selbstverletzendem Verhalten, Dissoziationen) kritisch hinterfragt oder gar für kontraindiziert/schädigend gehalten [13], während andererseits in einer (zu langen) Stabilisierungsphase das Risiko einer unnötig verzögerten oder ausbleibenden Remission gesehen wird [21]. Auch vor dem Hintergrund der in der ICD-11 eingeführten Diagnose der komplexen PTBS [31] wird die Wirksamkeit traumakonfrontativer Techniken und die Notwendigkeit zusätzlicher Behandlungselemente ganz aktuell diskutiert.

Trotz einer Vielzahl möglicher Unterscheidungsmerkmale (z. B. Art des traumatischen Ereignisses) und unterschiedlicher Behandlungstechniken (z. B. Exposition in sensu/in vivo, Stabilisierungstechniken, kognitive Umstrukturierung) werden personalisierte Behandlungsentscheidungen bisher zumeist auf Grundlage klinischer Intuition/Erfahrung getroffen.

Cohen et al. [5] differenzieren Personalisierungsentscheidungen im Kontext psychotherapeutischer Behandlungen im 3DP-Modell entlang von drei Dimensionen (Zeit, Struktur und Intervention; siehe Tab. 1). Die Zeitebene beschreibt den Behandlungsabschnitt, in dem eine personalisierte Behandlungsentscheidung getroffen wird. Die Interventionsebene beschreibt den Grad der Spezifizierung von Behandlungsentscheidungen (von der Makro- zur Mikroebene). Die Strukturebene beschreibt die Methode, mit der Behandlungsentscheidungen getroffen werden, bzw. deren Grad an Formalisierung. Seit Langem bekannt ist, dass statistische Vorhersagealgorithmen der klinischen Einschätzung überlegen sind [1, 28].

Tab. 1 Drei Dimensionen von Personalisierung (3DP-Modell) nach Cohen et al

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Auswahl von Behandlungsmethoden, -techniken oder -intensität (Interventionsebene) vor Behandlungsbeginn (Zeitebene) durch statistische Methoden (Strukturebene). Am Modell ist zu erkennen, dass es sich hierbei um einige unter mehreren wichtigen Behandlungsentscheidungen handelt.

Zur präzisen statistischen Vorhersage der individuellen Wirksamkeit einer spezifischen Intervention können traditionelle, hypothesengeleitete und neuere datengetriebene Verfahren (Machine Learning [ML]) unterschieden werden.

Aus den Nachteilen traditioneller Prädiktoranalysen (hohe notwendige Fallzahlen, geringe Anzahl eingeschlossener potenziell relevanter Variablen, „overfitting“ und seltene Replikationen) entstand der Wunsch nach multivariaten Ansätzen, die soziodemografische, klinische, biologische und psychometrische Daten in einem Modell gemeinsam erfassen [3]. ML-Ansätze sind nicht an Hypothesentests gebunden, sondern haben zum Ziel, Prädiktionsmodelle zu erstellen, die zuverlässige Vorhersagen in neuen Datensätzen ermöglichen. Bei diesem datengetriebenen Vorgehen können viele Prädiktorvariablen kombiniert werden, da durch verschiedene Techniken der Gefahr des „overfitting“ entgegengewirkt wird. Mit steigender Anzahl an Prädiktorvariablen erhöht sich jedoch auch hier das Risiko von „overfitting“ [3]. Gerade komplexe Modelle erfordern große Datenmengen, um traditionellen statistischen Verfahren tatsächlich überlegen zu sein [11]. Eine externe Validierung der Modelle in unabhängigen Daten ist unabdingbar [3].

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den aktuellen Forschungsstand zur statistischen, personalisierten Auswahl bestimmter Behandlungsmethoden und -techniken anhand von Patient:innenmerkmalen und den durch Personalisierung potenziell erreichbaren Vorteilen in der Behandlung der PTBS darzustellen. Dabei sollen traditionelle Analysen und ML-Algorithmen berücksichtigt werden.

Methodik

Im Rahmen einer systematischen Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed (inkl. Medline), Embase, Web of Science Core Collection, Google Scholar, PsycINFO und PSYNDEX am 12.10.2022 und 30.06.2023 wurden Studien und Übersichtsartikel zur personalisierten Behandlung der PTBS identifiziert, bei denen durch statistische Methoden (erwartete) Effekte einer personalisierten Auswahl spezifischer Methoden und Techniken (Patient:in-Behandlung-Interaktion) untersucht wurdenFootnote 1. Dies erfordert, dass mindestens zwei unterschiedliche Behandlungsbedingungen verglichen werden. Die Interpretierbarkeit von komplexen ML-basierten Modellen ist in den diesbezüglich vorliegenden Daten limitiert, weshalb folgende Studien eingeschlossen wurden:

  • Traditionelle Analysen mit Schätzung der Effekte einer personalisierten Zuweisung mindestens zweier Behandlungsverfahren

  • ML-basierte Analysen zur Schätzung der Effekte einer personalisierten Zuweisung mindestens zweier Behandlungsverfahren

  • ML-basierte Analysen mit Vorhersage des Erfolgs nur einer spez. Psychotherapiemethode

Die Suche wurde limitiert auf Manuskripte, die auf Deutsch oder Englisch veröffentlicht wurden und folgende Suchbegriffe beinhalteten: (personaliz* OR personalis* OR optimiz* OR optimis* OR individualiz* OR individualis*) AND (PTSD OR posttraumatic stress disorder) AND (treatment OR therapy).

Im ersten Schritt wurden Titel und Abstracts aller Funde gesichtet. Thematisch und methodisch unpassende Funde wurden ausgeschlossen. Hierzu gehörten Studien, die keine Psychotherapie untersuchten, Einzelfallstudien, Studien mit dem Ziel eines nomothetischen Wirksamkeitsnachweises (z. B. Onlinetools mit persönlicher vs. automatisierter Rückmeldung), allgemeine Übersichtsartikel zur PTBS oder anderen psychischen Erkrankungen oder Studien, in denen eine andere Stichprobe als erwachsene PTBS-Patient:innen behandelt wurde. Von den eingeschlossenen Studien wurden Volltexte gesichtet. Ausgeschlossen wurden rein methodische/hypothesenbildende Schriften und traditionelle Prädiktoranalysen ohne ML oder Schätzung der Effekte personalisierter Behandlung sowie Studien, die Variablen zur Vorhersage nutzten, die in der Routineversorgung nicht praktikabel sind (z. B. Biomarker, funktionelles Neuroimaging). Darüber hinaus wurden Studien ausgeschlossen, in denen rein prognostische Aussagen über Therapieerfolg bei PTBS, d. h. über unterschiedliche psychotherapeutische Behandlungsmethoden und -techniken hinweg, getroffen wurden. Zusätzlich wurde in allen Volltexten eine Rückwärtssuche zu Arbeiten durchgeführt, welche den o. g. Kriterien entsprachen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

PRISMA-Flowchart

Ergebnisse

Es wurden 13 relevante Publikationen identifiziert: 7 Artikel zeigen RCT mit Post-hoc-Vergleich optimal und nichtoptimal behandelter Patient:innen (davon 2 mit traditionellen statistischen Verfahren), 5 Artikel zeigen ML-basierte Prädiktoranalysen für spez. Behandlungsmethoden und -techniken. Zudem liegt ein Review-Artikel zur Behandlungsauswahl bei PTBS und komorbider Borderline-Störung vor.

Methodik der Prädiktor‑/Personalisierungsstudien

Identifikation von Prädiktorvariablen.

Die Prädiktorauswahl erfolgte in den Studien mit traditionellen statistischen Verfahren hypothesengeleitet. Bei den ML-basierten Studien wurden unterschiedliche ML-Ansätze zur Prädiktorauswahl genutzt. Diese Ansätze haben gemein, ohne vorherige Hypothesen bzgl. Prädiktorvariablen zu ermitteln, welche Variablen bedeutsam zur Vorhersage des Outcomes sind. Dabei geht es nicht darum, einen vorliegenden (Trainings‑)Datensatz am besten erklären zu wollen, sondern die Vorhersage in einem unabhängigen (Test‑)Datensatz zu optimieren. Hierfür wird eine Vielzahl von Substichproben erzeugt, in denen Prädiktoren ermittelt und durch wiederholte Prädiktion in weiteren Substichproben auf replizierbare Wichtigkeit für das Vorhersagemodell geprüft werden. Die zum ML gewählten Algorithmen werden hier nicht im Detail geschildert, sind aber in Tab. 2 und 3 dargestellt.

Tab. 2 Übersicht über empirische Studien zur Prognose des Behandlungserfolgs bei PTBS
Tab. 3 Übersicht über empirische Studien zur Personalisierung von PTBS-Behandlungen

Methodik zur Identifikation von erwarteten Personalisierungseffekten.

7 Studien nehmen eine Schätzung der erwarteten Effekte von Personalisierung vor, davon sind 6 Sekundäranalysen. Eine Studie [26] mit traditioneller Statistik ermittelte prospektiv, ob Patient:innen von einer individuellen Anzahl von CPT-Sitzungen (zwischen 12 und 24) profitieren. Anschließend wurden relevante Prädiktoren für die Notwendigkeit einer Erhöhung der Therapiesitzungen ermittelt (z. B. für die Subgruppe mit Ansprechen nach wenigen Sitzungen). Da diese Studie nicht auf einer früheren Behandlungsstudie basiert, wurden Daten aus einer früheren Studie mit fester Sitzungszahl herangezogen, um den Effekt der Personalisierung zu schätzen. Hier ergaben sich methodische Schwierigkeiten durch Unterschiede der verglichenen Studien, sodass zur Verbesserung aktuell eine RCT mit fester vs. variabler Sitzungsanzahl durchgeführt wird [29]. Die zweite Studie mit traditioneller Analyse ermittelte aus hypothesengeleiteten Prädiktorvariablen einen Moderatorindex, der eine Subtypisierung der untersuchten Stichprobe anhand prädiktiver Merkmale vornimmt [4]. Nachfolgend wurde ein Interaktionseffekt zwischen Therapieeffekt und Moderatorindex bestimmt und Effekte der Personalisierung der Behandlung ermittelt, indem die Ergebnisse der Patient:innen mit zufällig optimaler Behandlungszuordnung mit denen der randomisierten Zuordnung verglichen wurden.

4 ML-basierte Studien [7, 8, 17, 18] nutzen den Personalized Advantage Index (PAI, [10]) zur Post-hoc Schätzung zu erwartender Effekte von Personalisierung. Die Methode baut auf der Identifikation von Prädiktorvariablen auf (s. oben) und schätzt das jeweilige Outcome (z. B. die Symptomschwere) bei Behandlungsende. Dabei können prognostische und präskriptive (zwischen Behandlungen differenzierend) Indikatoren von Behandlungserfolg bestimmt werden. Der PAI beschreibt die für jede Patient:in vorhergesagte Differenz im Outcome zwischen mindestens zwei Behandlungen [10]. Nachfolgend wird bestimmt, welcher Behandlungseffekt sich potenziell gezeigt hätte, wären die Patient:innen jeweils mit der für sie optimalen Methode behandelt worden. Zudem werden Unterschiede in der Symptomreduktion zwischen Patient:innen untersucht, die zu ihrer optimalen vs. nichtoptimalen Behandlung randomisiert wurden. Es wurde keine Studie gefunden, die ML-Vorhersagen prospektiv zur Personalisierung nutzt und diese mit einer Kontrollbedingung (z. B. Randomisierung) vergleicht. Eine Studie [30] ermittelt einen allgemeinen prognostischen Index (vs. PAI: Prognose für jeden Behandlungsarm), der aus den identifizierten Prädiktorvariablen (s. oben) gebildet wird. Aufbauend werden Interaktionseffekte zwischen Index und Therapiemethode ermittelt. Für Ergebnisse siehe Tab. 3.

Prädiktoren von Behandlungserfolg, erwartete Effekte der Personalisierung und klinische Implikationen

Tab. 2 und 3 zeigen die wichtigsten ermittelten Prädiktoren der jeweiligen Behandlungsmethoden und Outcomes. Die relevanten Variablen in Prädiktor- und Personalisierungsstudien sind unterschiedlich und abhängig von den zu Beginn der Therapie erfassten Variablen. Am häufigsten zeigen sich Zusammenhänge zwischen Prä-PTBS-Symptomschwere und Outcome, die jedoch in ihrer Richtung unterschiedlich sind [14, 16, 17, 27, 30]. In mehreren Studien zeigte sich eine schlechtere Wirksamkeit der traumafokussierten Behandlung bei sexueller Traumatisierung [7, 14, 30] und Komorbiditäten, insbesondere einer depressiven Symptombelastung [8, 16, 17, 27]. Soziodemografika spielen, obwohl häufig erfasst, eine untergeordnete Rolle. Berufstätigkeit zeigt sich in zwei Studien als prognostisch günstiger Faktor [8, 16]. Ein schlechter körperlicher Gesundheitszustand [16, 17, 30] scheint prognostisch ungünstig zu sein.

Nur drei Studien [4, 7, 18] machen präskriptive Aussagen für die einzelnen Therapiemethoden. Dass in den Studien mit rein prognostischen Aussagen unterschiedliche Prädiktoren zwischen den Behandlungsmethoden gefunden wurden, weist jedoch auf das Vorliegen von präskriptiven Variablen hin.

Die Prädiktion des PTBS-Behandlungserfolgs auf Grundlage von Baseline-Variablen erscheint klinisch relevant, auch wenn nur ein Teil der Varianz (ca. 20 %) erklärt werden kann. Behandlungsentscheidungen sind aktuell auf Grundlage der vorliegenden Daten zur Behandlungszuordnung durch Baseline-Variablen noch nicht möglich. Alle PAI-Studien weisen auf einen möglichen Vorteil von Personalisierung für den Behandlungserfolg hin. Es zeigen sich mittlere bis hohe Effektstärken zwischen Patient:innen nach optimaler vs. nichtoptimaler Zuordnung.

Personalisierung und Komorbidität

Komorbide psychische Störungen sind bei der PTBS häufig [19] und könnten relevante Prädiktorvariablen für den Therapieausgang bei PTBS sein. Einige der o. g. Studien legen nahe, dass Patient:innen mit PTBS und hoher depressiver Symptombelastung weniger gut von traumafokussierter kognitiver Verhaltenstherapie profitieren als PTBS-Patient:innen ohne depressive Symptombelastung (z. B. [16]). Zur Reihenfolge und spezifischen Behandlungsmethoden bei komorbider Depression gibt es noch keine Befunde. Zur Optimierung der Behandlung von komorbider PTBS und BPS wird in einer aktuellen Übersichtsarbeit [32] die Notwendigkeit der ML-gestützten Identifikation mehrerer Prädiktorvariablen betont, ohne dass spezifische Studien hierzu existieren.

Resümee

Obwohl sich dieses Forschungsfeld noch in den Anfängen befindet, weisen die vorliegenden Publikationen auf Bedeutung und Nutzen personalisierter Behandlung bei PTBS hin. Die dabei ermittelten relevanten Prädiktorvariablen sollten in zukünftigen, prospektiven Studien genauer untersucht werden und können aktuell noch nicht der klinischen Entscheidungsfindung dienen. Patient:innenmerkmale, die mit einer Überlegenheit einer alleinigen Anwendung nichttraumafokussierter Methoden verbunden sind, konnten nicht identifiziert werden, hingegen gab es Merkmale, für die eine Kombination von Exposition und stabilisierenden Techniken im Vergleich zu Exposition alleine als wirksamer eingeschätzt wurde.

Der Behandlungsverlauf bei PTBS-Patient:innen ist also unterschiedlich. In der Vorhersage des Behandlungsverlaufs ergeben sich zwischen datengetriebenen und hypothesengeleiteten Prädiktoranalysen z. T. interessante Widersprüche [4, 17], bspw. bezüglich der Prognose für Patient:innen mit Emotionsregulationsproblemen in traumafokussierten Behandlungen mit und ohne Vermittlung zusätzlicher stabilisierender Skills. Während sich bei Cloitre et al. [4] zeigte, dass sich Emotionsregulationsstörungen (in Kombination mit der Symptomschwere) nicht negativ auf den Behandlungserfolg auswirken, wenn Exposition und Skills kombiniert werden, zeigten sich Emotionsregulationsstörungen bei Hoeboer et al. [17] auch in der Kombination von Exposition und Skills als negativer Prädiktor für den Behandlungserfolg.

In den PAI-Studien hätten durchschnittlich mehr als 40 % von einer personalisierten Zuweisung besser profitiert als von einer randomisierten Zuordnung. Beachtenswert ist, dass es sich hierbei um einen Zusatznutzen bei bereits hoch wirksamen Behandlungsmethoden handelt. Da bisher keine Studien vorliegen, in denen personalisierte und randomisierte Zuordnung direkt verglichen werden, können die Effekte einer Personalisierung nur geschätzt werden. Zudem sind die Stichproben, die bisherige PAI-Studien nutzen, zumeist zu klein, um verlässliche multivariate Modelle zu erstellen [20]. Zuletzt wurden daher insbesondere Prädiktoranalysen größerer Stichproben ohne den Anspruch einer Schätzung des personalisierten Behandlungserfolgs durchgeführt. Auskunft über präskriptive Prädiktorvariablen ist notwendig, um eine personalisierte Zuteilung zu unterschiedlichen Behandlungsmethoden vorzunehmen und nicht lediglich eine Vorhersage der Wirksamkeit einer spezifischen Methode vorzunehmen. Ein mögliches Vorgehen könnte das folgende sein:

  1. 1.

    Externe Validierung bzw. Aktualisierung der Vorhersagemodelle in ML-basierten prognostischen Studien zweier Behandlungsmethoden (ggf. in bereits vorhandenen Daten) zur Ermittlung stabiler Prädiktoren einer Behandlungsmethode

  2. 2.

    Prospektive, randomisierte Studie mit dem Hauptfaktor: zufällige oder klinische vs. personalisierte Zuordnung (z. B. mit PAI) einer Behandlungsmethode (Patient:innen und Therapeut:innen verblindet)

  3. 3.

    Errechnung des Haupteffekts der Art der Zuteilung zur Schätzung des Effekts von personalisierter Zuordnung

Delgadillo et al. [9] konnten den Erfolg eines solchen Vorgehens bei der Depression demonstrieren. Datengetriebene Analysemethoden können die empirische Basis auch auf der Ebene der Wirkmechanismen verbessern und zukünftig Entscheidungsalgorithmen hinsichtlich Auswahl und Reihenfolge von Behandlungsbausteinen im Sinne einer modularen Psychotherapie ermöglichen [12, 15]. Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, verschiedene Personalisierungsansätze, d. h. auch Therapieprozessforschung (z. B. Feedback-Forschung), gleichzeitig voranzutreiben und kombiniert zu untersuchen. Um die Ergebnisse verschiedener Personalisierungsansätze zu verbinden und ausreichend große Datenmengen zu erheben, sind Forschungskooperationen und die Nutzung großer naturalistischer Stichproben unerlässlich. Einige Autoren werben zudem für die Erfassung inflammatorischer, neurobiologischer und psychophysiologischer Faktoren als potenzielle Prädiktoren [22]. Aufgabe zukünftiger Forschung ist es, hier eine gute Balance zwischen hoher Varianzaufklärung und praktikabler Erhebung in der klinischen Routine zu finden.

Fazit für die Praxis

  • Fast alle Forschungsergebnisse stammen aus den letzten fünf Jahren.

  • Personalisierung verspricht eine Verbesserung der Behandlung; bekannte wichtige Prädiktorvariablen umfassen insbesondere klinische Merkmale wie PTBS- und Depressionssymptomschwere, bedürfen aber noch weiterer Untersuchung.

  • Es fehlen prospektive Analysen zur Personalisierung der PTBS-Behandlung.

  • Zukünftig sollte die kombinierte Nutzung von Baseline- und Prozessinformationen zur Personalisierung erforscht werden.