In:
Das Gesundheitswesen, Georg Thieme Verlag KG, Vol. 81, No. 08/09 ( 2019-08), p. 621-628
Abstract:
Hintergrund Die Rekrutierung von Studienteilnehmern aller relevanten Bevölkerungsgruppen stellt eine der Herausforderungen in der (sozial-)epidemiologischen Forschung dar. Es existiert eine Vielzahl von Strategien, die der Rekrutierung von ethnischen Minderheiten und bestimmter Migrantengruppen dienen können. Unklar ist bisher, ob diese Strategien auch bei der Etablierung einer Geburtskohorte geeignet sind. Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Darstellung und Evaluation von Rekrutierungsstrategien für Migrantinnen in einer Geburtskohorte am Beispiel der BaBi-Studie. Methoden Die Rekrutierung erfolgte von Oktober 2013 bis Oktober 2016. Als Vorbereitung wurden Fokusgruppen mit Schwangeren und Müttern und leitfadengestützte Experteninterviews mit Hebammen und GynäkologInnen durchgeführt, um Studienmaterialien, Befragungsinstrumente und Sprachpräferenzen zu prüfen. In der Vorstudie wurden unterschiedliche Rekrutierungswege getestet. Im Rekrutierungsverlauf fand eine kontinuierliche Evaluation statt, um erfolgreiche Rekrutierungsstrategien für Teilnehmerinnen mit Migrationshintergrund zu ermitteln und anzupassen. Ergebnisse Von den eingeschlossenen 980 Teilnehmerinnen hatten 390 einen Migrationshintergrund (40%). Es wurden aktive und passive Rekrutierungsstrategien verfolgt, in denen u. a. türkische Übersetzungen und multikulturelles Personal zum Einsatz kamen. Für die passive Rekrutierung über gynäkologische Praxen und Hebammen mussten die schwangeren Frauen und Wöchnerinnen eine hohe Motivation für die Rekrutierung mitbringen. Die aktive Rekrutierung in den Geburtskliniken (Ansprache durch Study-Nurses) erhöhte den Anteil an Teilnehmerinnen mit Migrationshintergrund von 22 auf 49% aller Teilnehmerinnen. Durch frühzeitige Überprüfungen und Anpassungen der Zugangswege konnte die Teilnahmebereitschaft erhöht werden. Schlussfolgerung Für die Rekrutierung von Frauen mit Migrationshintergrund sind gründliche Vorbereitungen in Form von Befragungen (Fokusgruppen, Leitfadeninterviews) und einer Vorstudie sinnvoll. Von Beginn an sind Verfahren zur frühzeitigen Evaluation der unterschiedlichen Rekrutierungsstrategien und ein erhöhter Personalaufwand (z. B. für (Rück-/ Übersetzungen) einzuplanen). Der Einschluss von Menschen mit Migrationshintergrund in sozialepidemiologischen Studien sollte in Deutschland zur Normalität werden.
Type of Medium:
Online Resource
ISSN:
0941-3790
,
1439-4421
Language:
German
Publisher:
Georg Thieme Verlag KG
Publication Date:
2019
detail.hit.zdb_id:
1101426-X
SSG:
20,1
Permalink