In:
Journal of Applied Ecology, Wiley, Vol. 57, No. 7 ( 2020-07), p. 1363-1375
Abstract:
Waldbewirtschaftung beeinflusst Biodiversität sowohl lokal auf der Ebene des Bestandes als auch auf der Landschaftsebene. Eine Vielfalt von Bewirtschaftungssystemen könnte zu einer Erhöhung der Biodiversität in der Landschaft beitragen, sofern unterschiedliche Bestandeseigenschaften geschaffen werden, die komplementäre Artengemeinschaften unterstützen. In Buchenwald‐Landschaften Mitteleuropas wird vorrangig eine Mischung selektiver Holznutzungsformen, wie sie z. B. in Plenterwäldern realisiert wird, mit unbewirtschafteten Wäldern auf Kosten traditioneller Schirmschlagverfahren in Altersklassenwäldern empfohlen. Wissenschaftliche Nachweise, dass eine daraus resultierende Zusammensetzung der Waldlandschaft die Biodiversität fördert fehlten jedoch bisher. Vor diesem Hintergrund untersuchten wir die Biodiversität von 14 taxonomischen Gruppen in „hypothetischen“ Buchenwald‐Landschaften, die aus unterschiedlichen Anteilen von Altersklassenwäldern, Plenterwäldern und unbewirtschafteten Wäldern zusammengesetzt sind. Dazu nutzten wir einen neuen Resampling‐Ansatz, der alle Kombinationen der beprobten Bestände der drei Bewirtschaftungssysteme in 10%‐Schritten (insgesamt 66 verschiedene Landschaften) und mit 1.000‐facher Wiederholung generierte. Wir berechneten die Diversität der unterschiedlichen Landschaften (γ‐Diversität) unter Berücksichtigung aller Arten (= Artenreichtum 0 D) sowie frequenter und dominanter Arten (= Shannon‐Diversität 1 D und Simpson‐Diversität 2 D) und testeten, wie die γ‐Diversität der Gesamtheit aller taxonomischen Gruppen sowie einzelner Gruppen auf die Zusammensetzung der Waldlandschaft reagiert. Die taxonomischen Gruppen wurden auf Bestandsebene im größten, zusammenhängenden Laubwaldgebiet Deutschlands, dem Hainich, erfasst, in dem Altersklassen‐ und Plenterwaldwirtschaft bereits eine jahrhundertelange Tradition haben. Die Wälder des Nationalparks Hainich wurden vor 20 bis 70 Jahren aus der Nutzung genommen. Landschaften, die nur aus Altersklassenwald‐Beständen in unterschiedlichen Entwicklungsphasen zusammengesetzt waren, erbrachten über alle taxonomischen Gruppen hinweg ein Maximum an sogenannter γ‐Multidiversität von 97.5% ( 0 D, 1 D). Reine oder gemischte Landschaften aus Plenterwäldern bzw. ungenutzten Wäldern reduzierten die γ‐Multidiversität um bis zu 12.8% ( 1 D). Waldspezialisten reagierten ähnlich ( 1 D: −15.3%). Die Artengemeinschaften der Bewirtschaftungssysteme waren über alle taxonomischen Gruppen hinweg nur in geringem Maße komplementär. Abhängig vom betrachteten Diversitätsmaß ( 0 D, 1 D, 2 D) reagierten 6 bis 9 der taxonomischen Gruppen signifikant auf eine Veränderung der Landschaftszusammensetzung. Die stärkste Reaktion zeigten Spinnen, Käfer, Gefäßpflanzen und Vögel. Mit Ausnahme der Vögel, die von einem geringen Anteil unbewirtschafteter Wälder in einer sonst von Altersklassenwäldern dominierten Landschaft profitierten, zeigten alle genannten Gruppen ein Diversitäts‐Maximum in reinen Altersklassenwald‐Landschaften. Totholz‐zersetzende Pilze hingegen hatten ihr Diversitäts‐Maximumin einer nicht bewirtschafteten Waldlandschaft. Für die Praxis : Unsere Auswertung zeigt, dass eine Mischung ausschließlich selektiver Holznutzungsformen mit unbewirtschafteten Wäldern die Gesamt‐Biodiversität auf der Landschaftsebene nicht fördert, sondern eher reduziert. Schirmschlagverfahren, die auf mittleren Skalen operieren (8 – 18 ha) und zu Altersklassenwald‐Beständen mit sehr unterschiedlichen Umweltbedingungen innerhalb einer Landschaft führen, scheinen dagegen einen hohen Anteil der erfassten regionalen Artendiversität zu unterstützen. Einzelne taxonomische Gruppen sind jedoch auf das Vorhandensein nicht bewirtschafteter Wälder bzw. kleinflächig genutzter Wälder angewiesen, was die generelle Bedeutung dieser Bewirtschaftungssysteme innerhalb von Waldlandschaften unterstreicht. Unsere Auswertung bezieht sich auf Buchenwälder in einer zusammenhängenden Waldlandschaft. Wir empfehlen die Nutzung unseres vorgestellten Resampling‐Ansatzes, um unsere Ergebnisse in Waldlandschaften anderer Zusammensetzung und Konfiguration zu prüfen.
Type of Medium:
Online Resource
ISSN:
0021-8901
,
1365-2664
DOI:
10.1111/1365-2664.13635
Language:
English
Publisher:
Wiley
Publication Date:
2020
detail.hit.zdb_id:
2020408-5
detail.hit.zdb_id:
410405-5
SSG:
12
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